Seit November 2017 ist Seraphin Tschohl Geschäftsführer im Posthotel Taube. Auch er freut sich, dass die Umbaupläne für das traditionsreiche Haus mitten in Schruns nun endlich umgesetzt werden können. Denn wie für viele Schrunserinnen und Schrunser ist die Taube auch für den 27-Jährigen ein ganz besonderer Ort.
Nach dem Kauf vom Posthotel Taube waren die Bauherren-Familien Frey und Rhomberg auf der Suche nach einem Geschäftsführer, der die Agenden des Hotels bis zum Beginn des Umbaus übernehmen sollte. Bei der befreundeten Familie Tschohl vom Montafoner Hof fragte man um Rat. Mehrere Kandidaten waren im Gespräch, doch bei keinem wollte es beiden Seiten so richtig passen. „Als die Sprache darauf kam, ich könnte die Geschäftsführung der Taube übernehmen, dachte ich das ist ein Scherz – ich kann doch mit 23 keinen Betrieb führen“, erinnert sich der Tschaggunser an sein eher unkonventionelles Einstellungsverfahren. Die ganze Familie war dafür, dass Seraphin die Chance ergreifen und es zumindest probieren sollte – schließlich war es bis zum Umbau nur eine Saison.
Aus einer Saison wurden drei Jahre
Doch gut Ding will eben Weile haben und so sind seit seinem ersten Arbeitstag im November 2017 bis zum Spatenstich am 15. Februar 2021 mehr als drei Jahre vergangen – und Seraphin hat die Herausforderung nicht nur bravourös gemeistert, sondern seiner Taube bis heute die Treue gehalten, auch wenn Corona einige seiner Pläne vereitelt hat. „Wir haben bis zum letzten Tag gehofft, dass wir diesen Winter noch einmal aufsperren und uns ordentlich von unseren Gästen und von der alten Dame hier verabschieden können“, sagt der junge Gastronom. Doch die aktuelle Situation machte die geplante Abschiedsparty mit großem Austrinken und Ausessen leider unmöglich. Auch der große Saal im oberen Stock, der seit vielen Jahrzehnten gesperrt ist, hätte zum Abschied noch einmal gesichert werden und seine Pforten wie seinerzeit zum Tanz öffnen sollen, als Erinnerung an die beliebten Tanzveranstaltungen im Taube-Saal. Insbesondere die Faschingsbälle waren legendär – eine Tradition, die Seraphin erst im letzten Jahr im Form einer Faschingsparty wieder hat aufleben lassen.
Die Taube ist und bleibt ein zentraler gesellschaftlicher Treffpunkt im Montafon
Denn eines seiner größten Anliegen war es, frischen Wind in den Hotelbetrieb zu bringen und die Rolle der Taube als zentralem gesellschaftlichem Treffpunkt im Montafon weiter zu stärken. „Die Taube hat etwas, das die Menschen verbindet“, sagt Seraphin und erzählt davon, wie oft hier Zwanzigjährige und Achzigjährige zusammensitzen und sich unterhalten, als würden sie sich schon seit fünfzig Jahren kennen. Auch für Gäste haben die Einheimischen immer einen Platz an ihren Tischen frei. „Jemand, der als Fremder in die Taube kommt, geht nicht selten als Freund.“
Das mag daran liegen, dass die Taube ein Ort ist, an dem jeder jeden kennt und alle herzlich willkommen sind – und dass jeder eine besondere Geschichte oder eine Erinnerung mit dem Haus verbindet. Ganz egal, ob jemand auf den Spuren Hemingways wandelt, ob der eigene Großvater die Beleuchtung installiert oder der Bruder hier seine Hochzeit gefeiert hat. Alle diese Geschichten verbinden die Menschen mit der Taube und lassen sie hier zusammenfinden – und das soll auch nach dem Umbau so bleiben.
Natürlich hätte auch Seraphin so manche Geschichte zu erzählen, die er selbst in der Taube erlebt hat. Die allerdings habe er „alle in eine Kiste gesperrt und den Schlüssel mit der Ill nach Bregenz geschickt.“ Wer weiß, vielleicht taucht ja die eine oder andere Geschichte nach dem Umbau bei einem kühlen Bier im Tauben-Garten wieder auf.
Bildquelle: Klaus Hartinger/NEUE Vorarlberger Tageszeitung